Leitbild

Erstellt vom Arbeitskreis Dorfentwicklung und
Bürgerinnen und Bürgern aus Wulfelade

Vorwort

Ein Leitbild kann dabei helfen, sich auf der Grundlage einer Bestandserhebung seiner Situation bewusst zu werden und gemeinsam Ziele zu erarbeiten und deren Umsetzung voranzutreiben. Klare Regeln, ein respektvoller, offener und ehrlicher Umgang miteinander und ein großes Einvernehmen schaffen das Vertrauen, um die notwendigen Veränderungen ideenreich anzugehen und zielstrebig umsetzen zu können. Hierzu ist im Jahre 2011 der Arbeitskreis Dorfentwicklung Wulfelade ins Leben gerufen worden. 

Wulfelade – ein Dorf mit Vergangenheit und Zukunft

Wulfelade ist ein lebendiges kleines Haufendorf am Unterlauf der Leine. Es liegt landschaftlich sehr schön im abwechslungsreichen Übergang von der Leinemarsch zum pleistozänen Geestrücken mit Moor- und Waldflächen und ist urkundlich erstmalig um 1107 in Aufzeichnungen des Abtes Erkenbert (Registrum Erkenberti) als Herrenhof des Klosters Corvey erwähnt. Wulfelade ist bis in die heutige Zeit stark durch die Landwirtschaft geprägt, mehr als 650 der insgesamt 710 Hektar großen Gemarkungsfläche werden land- und forstwirtschaftlich genutzt. Im selben Maße, wie der anhaltende Strukturwandel in der Landwirtschaft jedoch dazu geführt hat, dass nur noch wenige der rund 400 Einwohner ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft bestreiten, hat sich Wulfelade in den letzten Jahrzehnten auch zu einem liebens- und lebenswerten Wohnstandort in landschaftlich schöner Umgebung entwickelt, so dass die Einwohnerzahl entgegen dem allgemeinen Trend in Zeiten des demografischen Wandels sogar leicht angestiegen ist. Daran haben neben einem ausreichenden Baulandangebot sicher auch die gute intakte Dorfgemeinschaft und ein relativ überschaubares und „heiles“ Umfeld ihren Anteil. Zunehmend gewinnen aber z. B. auch wohnortnahe Arbeitsplätze, vor allem im Handwerk an Bedeutung und Wulfelade entwickelt sich parallel dazu mehr und mehr zu einem Standort für die Energiegewinnung aus regenerativen Energiequellen wie Wind, Sonne und Biomasse.

Den Herausforderungen der heutigen Zeit, die vor allem durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft, die zunehmende Mobilität der Menschen, den demografischen Wandel mit rückläufiger und gleichzeitig alternder Bevölkerung, den technischen Fortschritt und den sich verändernden Lebensgewohnheiten und der aufgrund zur Neige gehender fossiler Brennstoffe absolut notwendigen Energiewende geprägt sind, gilt es sich zu stellen. Wir wollen das Unwiederbringliche nicht bejammern, sondern die Herausforderungen der Gegenwart annehmen und uns zukunftsfähig aufstellen. 

Standortsicherung der Landwirtschaft im Einklang mit Wohn- u. gewerblicher Nutzung

Die Landwirtschaft prägt nach wie vor unser Dorf und die umgebende Kulturlandschaft. Ohne die Landwirtschaftlichen Betriebe und deren Wertschöpfung vor Ort würde das Dorf veröden. Die Zukunft der existenzfähigen landwirtschaftlichen Betriebe soll deshalb vorrangig und nachhaltig gesichert werden. Dabei sind Konflikte mit anderen Nutzungen, insbesondere der Wohnnutzung bei der Abwägung divergierender Interessen möglichst zu vermeiden, zumindest aber auf der Grundlage von Toleranz und gegenseitiger Rücksichtnahme zu minimieren. 

Schaffung von Einkommensalternativen für die Landwirtschaft

Der relativ starke Preisverfall bei klassischen landwirtschaftlichen Produktionsgütern wie z. B. Getreide, Kartoffeln, Milch u. a. war in den vergangenen Jahrzehnten enorm, dies konnte nur zum Teil aufgefangen werden durch ein höheres Ertragspotenzial, was durch Forschung und Züchtung erreicht wurde. Getreu dem Motto „Wachsen oder Weichen“ hat die Landwirtschaft darauf reagiert, indem die niedrigeren Gewinnmargen durch Produktivitätssteigerung in immer größeren Betrieben abgefangen wurden. Die Zahl der Betriebe ist dabei drastisch zurückgegangen. Infolgedessen werden auch in Wulfelade mittel- bis langfristig voraussichtlich nur 2 bis 3 Betriebe übrig bleiben. Eine Alternative zum „Wachsen oder Weichen“ kann die Erschließung alternativer Einkommensquellen z. B. im Bereich der regenerativen Energiegewinnung oder im Tourismus sein. Bemühungen mit diesen Zielen wollen wir deshalb nach Kräften unter Wahrung der Interessen des Gemeinwohls fördern und dafür Sorge tragen, dass von dieser zusätzlichen Wertschöpfung vor Ort möglichst breite Kreise der Bevölkerung profitieren.

Erhaltung bestehender und Schaffung neuer wohnortnaher Arbeitsplätze

Die Menschen im 21. Jahrhundert werden immer mobiler, doch Mobilität hat ihren Preis. Die meisten Arbeitnehmer pendeln tagtäglich nach Neustadt, Hannover oder in andere Städte und Gemeinden des Umlandes aus, verbunden mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand teils auch zu Lasten der Umwelt. Die in früherer Zeit zahlreichen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sind rar geworden. Mit einem kleinen Gewerbegebiet vor allem für einheimische Handwerksbetriebe am „Raiffeisenweg“ hat hier eine Umsteuerung begonnen. Dieses Gewerbegebiet soll bei Bedarf erweitert werden. Daneben bieten mehrere aus-laufende Hofstellen vielfältige Möglichkeiten der Umnutzung für nicht störendes Gewerbe, sonstige gemischte Nutzung oder auch für generationen- oder familienübergreifende Wohn-gemeinschaften.  Inzwischen gibt es die bemerkenswerte Zahl von rund 70 gewerblichen Arbeitsplätzen im Ort. Diese Entwicklung gilt es weiter zu fördern und voran zu treiben.  

Wohnangebot für Einheimische und Freunde des Dorfes

In Zeiten des demografischen Wandels ist Wohnungsmangel eher kein Problem. Ein zeitgemäßes Wohnungsangebot ist dennoch nicht immer gegeben. Die an Hand einiger positiver Beispiele in Wulfelade bereits erfolgte Umnutzung ehemals landwirtschaftlicher Resthofstellen zu Wohnzwecken ist weiterhin zu unterstützen, für viele stellt sie aber eine zu große Herausforderung dar. Mietwohnraum steht in Wulfelade nur in ganz wenigen Einzelfällen zur Verfügung. Deshalb wurde nach Anschluss von Wulfelade an die zentrale Schmutzwasserbeseitigung der Stadt 1996 zunächst das Baugebiet „Am Denkmalsplatz“ mit ca. 15 Wohneinheiten ausgewiesen, das relativ schnell bebaut wurde. Mit dem Baugebiet „Im Dorfe“ sind 2010 ca. 12 weitere Bauplätze ausgewiesen worden. Nach Aufhebung des sogenannten „Einheimischenmodells“ im Jahre 2014 hat hier nunmehr nicht nur die einheimische Bevölkerung die Möglichkeit, den Traum vom eigenen Heim im kleinen Dorf zu verwirklichen. Trotz stark  einschränkender Vorgaben aus dem RROP der Region Hannover und noch weitgehender seitens der Stadt Neustadt wollen wir uns weiterhin um eine angemessene Bereitstellung von Wohnbaugrundstücken bemühen. 

Flurbereinigung und Dorferneuerung zur Unterstützung vorgenannter Maßnahmen

Es wird angestrebt, die Feldflur der Gemarkung Wulfelade im Rahmen einer Flurbereinigung den heutigen Bedürfnissen und dem aktuellen Stand der Mechanisierung in der Landwirtschaft entsprechend neu zu ordnen und dabei die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes zu verbessern. Die heute anzutreffenden Parzellierungen und Eigentumsstrukturen entsprechen noch weitgehend dem Stand der Verkoppelung von 1842 und sind nicht mehr zeitgemäß. Das Wege- und Gewässernetz soll dabei neben den Anforderungen der Landwirtschaft auch den Bedürfnissen der Freizeitnutzung (Wandern, Radfahren, Reiten usw.) genügen. Eine Dorferneuerung im alten Ortskern kann die notwendigen strukturellen Veränderungen im Bestand unterstützen. Im ILEK „Steinhuder Meer/Unteres Leinetal“ ist deshalb ein entsprechendes Dorferneuerungsvorhaben bereits angemeldet worden und auch die Jury im Vorentscheid zum 24. Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ hat 2012 eine Aufnahme in das Dorferneuerungsprogramm des Landes empfohlen. Wir wollen uns trotz zurzeit ablehnender Beschlüsse des Rates der Stadt Neustadt weiterhin gemeinsam bemühen, in die entsprechenden Fördermaßnahmen aufgenommen zu werden und zunächst einen Dorfentwicklungsplan erarbeiten.

Förderung der Dorfgemeinschaft

Die Dorfgemeinschaft in Wulfelade wird wesentlich getragen durch die örtlichen Vereine Dorfgemeinschaftsverein, Waldbadverein, Turn- und Sportverein, Soldatenkameradschaft und die Freiwillige Feuerwehr. Daneben gibt es die Realverbände der Jagdgenossenschaft und der Forstgenossenschaft, die Windparkinteressentenschaft und seit 2011 den im Rahmen der Dorfwettbewerbe gebildeten  Arbeitskreis Dorfentwicklung.

Neben dem Ortsrat und den städtischen Einrichtungen kümmern sich diese Vereine, Verbände und Institutionen neben ihren ureigenen Aufgaben auch um Fragen des Gemeinwesens im Ort. Sie übernehmen z.B. soziale Verantwortung  in der Jugendarbeit oder der Altenbetreuung, treiben Kooperationen voran und stellen sich den Fragen der zukünftigen Entwicklung.

Durch die Vielzahl der Vereine und Institutionen und die relativ kleine Zahl von nur rund 400 Einwohnern gibt es häufig Mehrfachmitgliedschaften in diesen Gremien, was hier und da auch eine Überforderung darstellen kann.

Die Unterstützung der Vereine und Institutionen durch aktive Mitgliedschaft oder in anderer Weise ist unserer aller Aufgabe zum Wohle des Dorfes.

Erhalt der dörflichen Infrastruktur

Die dörfliche Infrastruktur ist grundsätzlich nicht vergleichbar mit der in Städten oder größeren Orten. Das was in den vergangenen Jahrzehnten hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen an infrastrukturellen Dingen im Dorf verloren gegangen ist (Grundschule, Bäckerei, Schlachtereiverkauf, Lebensmittelgeschäfte, Raiffeisen-Warengenossenschaft mit Bankfiliale) lässt sich kaum zurückholen. Umso wichtiger ist es, das noch Vorhandene als dörfliche Infrastruktur zu erhalten. Hierzu gehören das Waldbad, der Sportplatz mit Vereinsheim, der Spiel- und Bolzplatz, die beiden Gaststätten mit Restauration und Saalbetrieb und andere Vereinseinrichtungen sowie die Tankstelle der RVB.

Das Dorfgemeinschaftshaus wollen wir gemeinsam zur zentralen Einrichtung des Dorfes entwickeln. Der Versorgung dienen neben einigen Hofverkaufsstellen mobile Einzelhandelsgeschäfte, die das Einzelhandelsangebot in den Bereichen Backwaren, Tiefkühlkost, Fertiggerichte Frischfisch, Frischgemüse, Obst und Milchprodukte ergänzen. Nur indem man diese Angebote nutzt, trägt man zu deren Existenzsicherung und damit zum Erhalt bei. Wir unterstützen die Initiative zur Einrichtung eines Dorfladens in Mariensee.

Wulfelade als Energiedorf sichern und weiter ausbauen

Der regenerativen Energiegewinnung gehört die Zukunft. Es ist die einzig mögliche Form die umweltschonend und nachhaltig den Energiebedarf der Menschen stillen kann. Wulfelade hat bei der Stromerzeugung durch Windenergieanlagen WEA im Binnenland  bereits in den frühen 90-er Jahren eine gewisse Vorreiterrolle gespielt. Ebenso hat eines der landesweit ersten Repoweringprojekte hier stattgefunden, so dass derzeit rechnerisch 7.375 Haushalte mit Windstrom aus Wulfelade versorgt werden können. Wulfelade steht auch dem weiteren Ausbau der regenerativen Energiegewinnung grundsätzlich positiv gegenüber. Dieses setzt allerdings voraus, dass die schutzwürdigen Belange der Bevölkerung bei allen Vorhaben angemessen berücksichtigt werden und dass das Bedürfnis nach Ruhe und Erholung – auch in der freien Natur – weitestgehend gewahrt bleibt. Die Partizipation der Allgemeinheit an den Erlösen fördert das Verständnis für solche Vorhaben und macht die Wertschöpfung vor Ort an konkreten Projekten sichtbar.

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